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Presseecho zum Kongress von Doha 2008

Auszug aus dem Kommentar des renommierten ägyptischen Journalisten
Gamel el-Ghitani in der Tageszeitung „Al Akhbar“ am 28.5.2008

Die Überraschung von Scheich Al-Tayyeb

Auf dem Podium saßen der Präsident des Kongresses, der Minister für Re­li­giöse Ange­le­gen­­heiten des Emirats Katar, dann der Rabbi aus den USA, der Repräsentant des Papstes aus dem Vatikan und Dr. Ahmed Al-Tayyeb, Rektor der Universität Al-Azhar. Nach einer Einführungsrede voller allgemeiner Wer­te, sprachen die Vertreter der drei Religionen entsprechend der historischen Folge nacheinander. Die Reden des Rabbi und des Vertreters des Vatikans waren sehr allgemein und trugen mehrere Bedeutungen.

Aus der Rede von Dr. Al-Tayyeb sprach eine Bescheidenheit, die aus innerer Kraft, aus Selbstsicherheit und einem festen Glauben hervorgeht. Er beein­druckte durch seine starke Gegenwart, seine Art, wie er auf dem Podium saß und seine tiefe Stimme, die ohne Aufregung war, nicht laut wurde und ohne rhetorisches Gebaren war. Kurz, er setzte die richtigen Punkte auf die rich­ti­gen Buchstaben. Er wurde zur zentralen Figur des Kongresses, denn seine Zuhörer empfanden die tiefe Ehrlichkeit, die aus seinen Worten sprach. Kernpositionen seines Vortrags waren:

 

  1. Der Islam führt zum Recht und zum geraden Weg.
  2. In der jüngsten Zeit wurde der Islam zu Unrecht des Terrorismus beschuldigt.
  3. Gott hat die Menschen verschieden geschaffen, also verschiedene Völker, mit verschiedenen Sprachen und Glauben. Wenn ER wollte, hätte ER sie alle gleich geschaffen.
  4. Der Koran spricht von mehreren göttlichen Botschaften, die mit Adam beginnen und mit Mohammed enden. Alle Propheten sind Brüder. Der Koran bestätigt die Bibel und die Bibel bestätigt die Thora.
  5. Wir alle müssen uns bemühen, die Hasswand zwischen den Religionen niederzureißen und für den Frieden zu arbeiten.
  6. Letztlich tadelte der Redner mit beispielloser Höflichkeit die Missions­aktivitäten (christlicher Organisationen) unter den armen Muslimen und bat die großen religiösen Institutionen, sie mögen Brücken zwischen den Menschen bauen statt die Beziehungen zwischen ihnen zu verzerren.

In einer weiteren Sitzung des Kongresses sagte Dr. Al-Tayyeb: „Mehr als tau­send Personen konvertieren jeden Monat (bei Al-Azhar in Kairo) zum Islam, doch meine Institution weigert sich, so etwas zu veröffentlichen, oder  dies in den Medien zu publizieren“. Er sei deshalb sehr erstaunt, dass der Vatikan einen großen Medienanlass aus der Tatsache gemacht habe, dass ein musli­mi­scher Jour­nalist zum Christentum konvertiert sei.

Aber zurück zum Vortrag. Als Journalist hatte ich bemerkt, dass während der Rede von Dr. Al-Tayyeb der Stuhl des Repräsentanten des Vatikans auf dem Podium plötzlich leer  wurde. Als ich die Organisatoren danach fragte, be­haup­teten sie, der Vertreter des Papastes habe die Veranstaltung verlassen müssen, weil er ein Meeting mit dem Ministerpräsidenten von Katar hatte. Ehrlich gesagt war ich darüber sehr erstaunt.

Dr. Al-Tayyeb erinnert mich an die großen Gelehrten und Religions­wissen­schaftler von Al-Azhar, auch an seine Lehrer und Professoren, die nichts anderes im Sinne hatten als das Recht und die ihrer Religion dienten und es ablehnten, Komplimente entgegenzunehmen und zum Unrecht zu schweigen.


Artikel aus der Zeitung „El-Maal“ (Finanzen) am 9.6.2008

Unser respektvoller Wissenschaftler Prof. Dr. Al-Tayyeb zeigte beim Kongress der Religionen in Katar eine innere Kraft, die ihm ein ganz seltenes Gemisch von Selbstsicherheit und Bescheidenheit verleiht. Ich bin beeindruckt wie die Blicke der (religiösen) Welt auf ihn gerichtet waren und wie er mit seiner in­teressanten Persönlichkeit im Zentrum des Kongresses stand. Ich bin beein­druckt, wie er den Islam aus den Beschuldigungen führte, indem er vom Ver­ständnis dessen toleranter Gesetzgebung, von dessen Glauben an die Ver­schieden­heit der Schöpfung, von seinem Respekt gegenüber anderen gött­lichen Botschaf­ten und von seiner totalen Unschuld am Terror sprach. In einer ruhigen und höflichen Weise nannte er konkrete Beispiele für seine Aussagen. Ich bin beeindruckt, wie er mit größtmöglicher Höflichkeit von seiner Ablehnung der Missionierung unter armen Muslimen sprach, und auch von seiner Kritik an großen religiösen Weltinstitutionen, die andere Reli­gi­onen angreifen statt Frieden unter den Menschen zu stiften und Brücken zwischen ihnen zu bauen. Prof. Dr. Al-Tayyeb, wie ich ihn kenne, ist eine einmalige Persönlichkeit. In ihm vereinen sich Wissenschaft und Bescheiden­heit. Seine innere Tiefe macht aus ihm einen enorm eindrucksvollen islami­schen Wert.

(Übersetzung: Prof. Dr. Samira El-Mallah, Redaktion: Peter Ziegler)